Verfrühte Vorfreude

Die Fed gibt, die Fed nimmt.

Ein neues Rekordhoch für die US-Börsen. Kaum ein Titel blieb unbewegt. Zum ersten Mal seit 2020 fielen eine Zinsentscheidung und die Veröffentlichung des FOMC auf denselben Tag. Doch diesmal war die Vorfreude verfrüht: Statt über erste Zinsschritte im September zu sprechen (hierfür sank die Wahrscheinlichkeit von 70% auf 63%), dampfte die Fed die Rekordhochs rasch wieder ein.

Doch nicht nur die Fed sorgte für Ernüchterung, sondern auch Macron. Eine Woche nach der Europa-Wahl wird die Frage lauter, ob die Entscheidung, derart rasch Neuwahlen in Frankreich anzusetzen, ein Boss-Move oder ein Frust-Move war. So fand sich am Freitag Abend der französische Leitindex CAC 40 auf Jänner-Niveau wieder und auch die deutschen Indizes, die zuvor noch ob des EZB-Zinsschritts zufrieden waren, reagierten mit Sorge. Auch die Staatsschulden Frankreichs wurden zum Thema. Ein neues Staatsanleihen-Kaufprogramm (wie schon 2016 bzw. 2020) der EZB, das einen Teil der Staatsschulden von der Privatwirtschaft in die Notenbank verlagern sollte (und damit das Risiko aus dem System nähme), wurde von Lagarde abgewunken. Zu Recht.

Der Schlüssel für den tatsächlichen Start in einen globalen Super-Konjunkturzyklus, wie er allgemein erwartet wird, liegt dennoch in den Händen der Fed. Diese muss nun stur bleiben, wenn auch mit Bedacht auf die US-Wirtschaft. Zuletzt doch leicht gesunkenes Verbrauchervertrauen (mit 65,6 Zählern immer noch komfortabel positiv) und ein nur langsam lockerer werdender Arbeitsmarkt fordern Geduld von den Notenbankern und den Konsumenten. Inmitten des US-Wahlkampfs ist das vor allem für die Demokraten ein negatives Szenario, da die Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation dadurch zunimmt.

Kommt nun nach dem Einpreisen der Ernüchterungen letzte Woche der Rebounce? Ist ein Daraufsetzen, dass der Boss-Move ein Smart-Move war, die richtige Marktwette? Am 8.7. wissen wir’s.

Staatsverschuldung in % des BIP
Die Stimmung der Einkaufsmanager steigt mit dem BIP

Das war die vergangene Woche

Asien

Das japanische BIP verbesserte sich annualisiert von -2,0% auf -1,8% und auch die Leistungsbilanz fiel höher aus als erwartet. Die Entscheidung der BoJ, die Leitzinsen bei 0,0% zu belassen, wurde positiv aufgenommen – doch Ueda kündigte in seiner Begleitrede an, dass ein weiterer Zinsschritt wahrscheinlich nötig sei. Chinas VPI blieb mit 0,3% zumindest positiv (zuvor 0,4%) – die Marktwirkung ging jedoch neben der Zinsentscheidung der Fed und ihren Remarks zur US-Wirtschaft unter.

Europa

Die angekündigten Neuwahlen in Frankreich lösten in Europa kräftige Korrekturbewegungen aus. So wurden die Staatsschulden (Frankreich dzt. 111,6% vom BIP, Deutschland = 63,7%, Österreich = 75,4%) am Freitag thematisiert und sorgten so für zusätzlichen Abrieb. Lagarde nahm in ihrer Rede auf die noch immer hohe Staatsverschuldung der PIIGS-Staaten (inkl. Frankreich) Bezug und erteilte einem neuen Staatsanleihen-Kaufprogramm der EZB eine Absage.

USA

Der US-VPI sank von 3,6% auf 3,4% – Grund für viel Vorfreude. Kurz danach blieb die Fed bei den Leitzinsen von 5,5% und dämpfte mit ihrem FOMC-Protokoll alle Zinsphantasien für das heurige Jahr. Die neue Zinsstrukturkurve preiste die Leitzinsen per Jahresende bei 5,1% ein, in 1 Jahr bei 4,1% und in 2 Jahren bei 3,1%. Auch das Verbrauchervertrauen sank entgegen den Erwartungen von 69,1 auf 65,6 Zähler (erwartet wurde ein Anstieg auf 72,0).

Was die neue Woche bringt

Nach einer turbulenten Woche suchen die Märkte nach Gründen, fester zu werden. Die Sorge um die weitere Entwicklung in Europa nach der Frankreich-Wahl bleibt jedoch bis 8.7. (Tag nach der Wahl) im Markt sichtbar – zumindest in Form von erhöhter Volatilität. Positive Konjunkturdaten und angehobene BIP-Prognosen unterstützen eine Festigung.

Asien

Die Industrieproduktion in China liegt nun bei +6,0% ggü. Vorjahr (zuvor noch +6,7%). Der Konsum steigt von 2,7% auf 3,0% ggü. Vorjahr. Der Konsumanstieg kann positiv bewertet werden (inflationstreibend). Die PBoC wird die Leitzinsen am Donnerstag voraussichtlich bei 3,45% unverändert belassen. Die japanische Inflation könnte am Freitag für Ärger sorgen (Kerninflation steigt von 2,4% auf 2,6% – daher Uedas Ankündigung eines möglichen Zinsschritts im Juli).

Europa

Nach dem G7-Treffen wird der Fokus wieder auf die Makrodaten gelegt, was für eine Festigung der Märkte sorgen könnte. Die Konjunktur-Erwartung für Deutschland sieht eine positivere Entwicklung des BIPs, die ZEW Umfrage zur Beurteilung der aktuellen Lage steigt von 47,0 auf 50,0 Zähler. Das Verbrauchervertrauen bleibt hingegen europaweit mit -14,0 de facto auf dem Vormonatswert skeptisch. Die Einkaufsmanager hingegen sehen die Entwicklung in den nächsten 6 Monaten zunehmend positiv (S&P PMI im Dienstleistungssektor steigt von 54,2 auf 54,4 Zähler, im Produktionssektor von 45,4 auf 46,4; neutral = 50).

USA

Der Konsum steigt ggü. Vormonat um 0,3% und auch die Industrieproduktion nimmt um 0,2% zu. Leicht unter den Vormonatswerten liegen die S&P PMIs für den Dienstleistungssektor (sinkt von 54,8 auf 53,5 Zähler) und für den Produktionssektor (sinkt von 51,3 auf 51,0; neutral = 50). Damit bleibt die Stimmung der Einkäufer zwar grundsätzlich positiv, aber entfernt sich wieder vom bullischen Bereich (PMI größer 55).

Fazit

Die hohe Vola bleibt und Europa bestimmt auch in der kommenden Woche das Marktgeschehen. Die überwiegend positiven Nachrichten sollten unterstützend wirken. Vorfreude ist aber auch in der kommenden Woche noch verfrüht.

Dieser Artikel ist auch im Geld Magazin und im Börse Express erschienen.

Quellen: IWF; S&P

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