Deutschland hat gewählt

Nun wählt Merz.

Deutschland hat gewählt und das Ergebnis liegt im erwarteten Bereich. Überraschend ist allerdings die mit 83% höchste Wahlbeteiligung seit der Wende 1987! Die deutsche Bevölkerung will offenkundig einen Richtungswechsel – eine Zeitenwende 2.0. Nun geht das zähe Ringen um eine Regierungskoalition los. Die politische Arbeit kann gar nicht früh genug beginnen – doch es wird wohl dauern, bis Deutschland eine handlungsfähige Regierung hat.

Erwartet werden Maßnahmen, die die Industrie (und damit die heimischen Arbeitsplätze) schützen. Das wird vor allem der Automobil-Industrie helfen, wohl auch Chemie & Pharma. Erwartet wird die klare Führungsposition (ob der industriellen und wirtschaftlichen Stärke) in einer künftig selbstbewusster auftretenden EU. Einer EU, die dem US-Protektionismus und dem chinesischen Preisdruck Stand halten kann. Erwartet wird ein ausgeglichenes Budget – was angesichts des kostenintensiven Fahrplans eine besondere Herausforderung darstellt.

Es gibt für die CDU viel zu verhandeln mit einer eingeschränkten Kombinationsauswahl. Die Frage ist weniger, welche Kompromisse geschlossen werden müssen, sondern eher, wie schnell sie geschlossen werden können. Denn für Deutschland tickt die Uhr. Trump II wird nicht warten, bis sich Europas Politik konsolidiert hat. Im Gegenteil: Er wird die Zeit nutzen, um die Politik für Europa zu machen.

Deutschland steht nun unter Zeitdruck. Eine Regierung muss her. Entscheidungen müssen her. Maßnahmen müssen her. Gelingt all das binnen weniger Wochen, wäre das ein klares Signal: eine Zeitenwende 2.0. Der DAX wird’s danken.

Deutschland hat gewählt – nun wählt Merz.

Was die neue Woche bringt

Die US-Makrodaten für Jänner lagen hinter den Erwartungen zurück und sorgten für enttäuschte Anleger. Das Sentiment der Einkaufsmanager (PMI) entsprach ebenfalls nicht den Hoffnungen – auch hier enttäuschten vor allem die USA. Die EZB hingegen ließ damit aufhorchen, womöglich bald eine Zinspause einzulegen. Neben den Inflationsdaten für Japan und den Makrodaten für Deutschland bzw. die EU steht der Beginn der Koalitionsgespräche nach der Wahl im Fokus der Aufmerksamkeit.

Asien

Nach den überaus erfreulichen Ergebnissen chinesischer Unternehmen (z.B. Alibaba) unterstützen nun sinkende Inflationsdaten aus dem Großraum Tokio die asiatischen Börsen. Die Kerninflation für die Region sinkt von 2,5% auf 2,3% YoY bei um 4,0% YoY gestiegenen Einzelhandelsumsätzen. In China wird am Samstag der PMI veröffentlicht: Positiv wirken wird vor allem der Anstieg im Produktionssektor von 49,1 auf 50,0 Zähler. Dies ist insbesondere im Umfeld von Trumps Strafzollpolitik bemerkenswert.

Europa

Deutschland hat gewählt und Friedrich Merz startet die Verhandlungen (SPD ohne Olaf Scholz, der bis zur Angelobung der neuen Regierung als Kanzler im Amt bleibt). Es wird von raschen Verhandlungen ausgegangen – die europäischen Börsen werden wohl darauf reagieren. Der ifo Geschäftsklimaindex steigt auf 85,6 Zähler. Auch das Verbrauchervertrauen steigt in Deutschland von -22,4 auf -21,1 Zähler. Das deutsche BIP zeigt jedoch erneut die Probleme der Industrie (die US-Zölle sind noch ohne Wirkung in diesen Daten): -0,2% annualisiert, jedoch bei stabiler Arbeitslosenrate (6,2%) und Einzelhandelsumsätzen auf Vormonatsniveau. Der EU Kern-VPI bleibt stabil bei 2,7% YoY, der EU-HVPI sinkt erneut um -0,3% MoM. Die Inflation in Deutschland sinkt weiter (nun 2,6% YoY).

USA

Trump dominiert mit seiner Ukraine-Politik die Medien. Neue Strafzölle gegen Pharma und Chemie wurden für die nächsten Wochen angekündigt. Das US-BIP steigt annualisiert um 2,3%. Die Auftragslage langlebiger Güter steigt um 1,3% MoM. Der Inflationsdruck auf den persönlichen Konsum liegt bei +0,3% MoM, die persönlichen Einkommen steigen um +0,4% MoM – die Privatausgaben steigen nur um +0,2%. Dieses Delta sollte im Auge behalten werden und könnte Vorsichtssparen ankündigen – der CEO von Walmart erwartet 2025 eine entsprechende Entwicklung als Folge der anhaltend hohen US-Zinsen. Der Chicago Einkaufsmanagerindex verbessert sich indes weiter von 39,5 auf 40,3 Zähler.

Fazit

Die Wahl in Deutschland wird nur einen kurzen Effekt auf die Börsen haben. Die europäischen Makrodaten werden jedoch die Ausgangslage markieren, auf der die Erwartungen der Anleger im DAX aufbauen. Die Arbeits- und Konsumdaten aus den USA werden zwar für Volatilität sorgen, aber sich in ihrer Wirkung in Summe wohl weitgehend aufheben.

Abkürzungen im Text in alphabetischer Reihenfolge:
– BIP … Bruttoinlandsprodukt
– bps … Basispunkte (100 Basispunkte = 1 Prozentpunkt; eine Notenbank senkt um 25 bps = von 2,75% auf 2,50%)
– CEO … Vorstandsvorsitzender (Chief Executive Officer)
– DAX … Deutscher Leitindex (Total Return)
– EU … Europäische Union
– EuroZone … Staaten der EU, die den EUR eingeführt haben
– EUR … Euro
– EZB … Europäische Zentralbank (Notenbank)
– Fed … US-Notenbank
– ifo … ifo Institut (Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V.)
– HVPI … Harmonisierter Verbraucherpreisindex (statistische Angleichung der nationalen VPI-Auswertungen in der EU)
– M bzw. Y … Monat (month) & Jahr (year)
– MoM … month over month (Veränderung gegenüber Vormonatswert)
– PPI … Produzentenpreisindex (auch Erzeugerpreisindex)
– Q1-4 … Quartal 1 bis 4
– QoQ … quarter over quarter (Veränderung gegenüber Vorquartal)
– US(A) … United States (of America)
– USD … US-Dollar
– VPI … Verbraucherpreisindex
– YoY … year over year (gegenüber Vorjahreswert)
– z.B. … zum Beispiel

Dieser Artikel ist auch im Geld Magazin und im Börse Express erschienen.

Quellen: ZDF Wahlbarometer – Angaben ohne Gewähr; weiterführende Infos: ifo Wirtschaftsumfragen

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