Hätt i, war i, tät i
Zeit für Fachjargon – diesmal aus dem Wienerischen: „Hätt i, war i, tät i“. Der heimische ATX TR (inkl. Dividenden) hat einen neuen Höchststand erreicht und alle feiern – nur nicht die österreichischen Haushalte. Statt zu planen, selbst künftig von dieser Entwicklung zu profitieren, mutmaßen anscheinend viele, es sei wohl schon alles gelaufen. Und warten daher zu. Lediglich 14% der Österreicher haben bereits in Aktien investiert, 23% überlegen noch. Und noch. Und noch …
Dabei verzeichnet nicht nur der ATX Rückenwind! Auch zahlreiche internationale Unternehmen konnten mit ihren Q4-Zahlen überzeugen. Die Wirtschaft gibt sich zuversichtlich und mitunter kämpferisch. Auch die deutsche Handelsbilanz im Dezember konnte – sogar den eigenen Erwartungen zum Trotz – den Vormonat noch einmal toppen. Die geopolitischen Rahmenbedingungen sind derzeit fluid. Genau darin liegt aber großes Potenzial. Neue Rahmenbedingungen brechen alte Krusten auf, Veränderung ermöglicht Neues.
„Hätt i, war i, tät i“ ist der Grund, warum die Wiener immer so grantig sind. Während sonst FOMO (die Angst, etwas zu verpassen) vorherrscht und die Hoffnung auf eine Chance für Aktivität und Vorfreude sorgt, ist das Wienerische schon zu der Erkenntnis gelangt, dass eh schon alles gelaufen ist. Und – und das fördert im Nachhinein den Grant – man es zwar eh gewusst hätte, man sich aber nicht getraut hat. Klar: Schuld ist man natürlich nicht selbst, sondern „de andern“ (= die Umstände).

Was die neue Woche bringt
Trumps Politik wird nicht nur international kritisch beobachtet. Auch die Wall Street sieht in den steten Drohungen gegen Handelspartner einige Gefahren – nicht zuletzt hinsichtlich der anhaltend hohen US-Inflation und damit weiterhin hohen US-Leitzinsen, die vor allem Wachstumswerte bremsen. Impulse von den Makrodaten sind keine zu erwarten, neue Berichte marktbestimmender Unternehmen ebensowenig. Die Zeichen stehen auf moderatem (USA) bzw. schwachem (EU) Wachstum.
Asien
Nach dem Steigen der Löhne und der Inflation in Japan vergangene Woche stehen nun einige sonst weniger marktbewegende Kennzahlen im Rampenlicht: Die Kreditvergabe z.B. steigt um 3,1% YoY. Auch Chinas Notenbankpolitik ist wichtig – das deflationäre Umfeld bremst das Binnenwachstum. Die PBoC erhöht die Geldmenge M2 um 7,2% YoY, ebenso die Kreditmenge um 4.500 Mrd.
Europa
Das Sentix Investorenvertrauen (zuletzt -17,7 Zähler) verbessert sich nur wenig – zu stark wirkt die von Trump ausgehende Unsicherheit. Der deutsche HVPI bleibt mit 2,8% YoY stabil, MoM werden -0,2% erwartet. Die Industrieproduktion sinkt MoM um -0,5%, jedoch bei bestätigtem BIP-Wachstum von +0,9% YoY. Generell wird im am Donnerstag veröffentlichten EZB-Wirtschaftsbulletin von leichtem Wachstum ausgegangen – überwiegend gestützt von erwarteten politischen Konjunkturmaßnahmen.
USA
Die Arbeitslosenquote sinkt auf 4,0%, die durchschnittlichen Stundenlöhne steigen um 4,1% YoY und die 5-jährige Inflationserwartung steigt auf 3,3%. Erstmals seit Langem sinkt auch das US-Verbrauchervertrauen von 71,1 auf 67,8 Zähler (immer noch bullish). Powell und weitere Fed-Mitglieder warnen am Montag vor den Auswirkungen der aktuellen wirtschaftspolitischen Aktivitäten hinsichtlich Inflation (steigt um 0,3% MoM), Budget und Wachstumsperspektiven. Der Konsum wächst indes weiter, wenngleich nur außerhalb des Kfz-Markts (+0,3% MoM). Auch der Einzelhandel liegt erneut über Vormonatsniveau. Belastend wirken der zunehmend enger werdende US-Arbeitsmarkt und die weiter wachsende Staatsverschuldung (Budgetdefizit liegt MoM bei -87,0 MrdEUR).
Fazit
Trumps Wirtschaftspolitik sorgt für Unsicherheit und damit für erhöhte Volatilität. Generell bleiben die Konjunkturerwartungen (Aufschwung) intakt, wenngleich mit geringem Momentum. Sorgenkind bleibt in Europa die Industrieproduktion – hier belastet nicht nur Trumps Protektionismus.
Abkürzungen im Text in alphabetischer Reihenfolge:
– ATX … Österreichischer Leitindex
– BIP … Bruttoinlandsprodukt
– BoJ … Bank of Japan (japanische Notenbank)
– EU … Europäische Union
– EuroZone … Staaten der EU, die den EUR eingeführt haben
– EUR … Euro
– EZB … Europäische Zentralbank (Notenbank)
– Fed … US-Notenbank
– HVPI … Harmonisierter Verbraucherpreisindex (statistische Angleichung der nationalen VPI-Auswertungen in der EU)
– JPY … Japanischer Yen
– M bzw. Y … Monat (month) & Jahr (year)
– MoM … month on month (Veränderung gegenüber Vormonatswert)
– Mrd … Milliarden
– PBoC … People’s Bank of China (chinesische Notenbank)
– Q1-4 … Quartal 1 bis 4
– QoQ … quarter on quarter (Veränderung gegenüber Vorquartal)
– US(A) … United States (of America)
– USD … US-Dollar
– VPI … Verbraucherpreisindex
– YoY … year on year (gegenüber Vorjahreswert)
– z.B. … zum Beispiel
Dieser Artikel ist auch im Geld Magazin und im Börse Express erschienen.
Quellen: Wiener Börse – Aktienbarometer; weiterführende Informationen: EZB Konjunktur-Dashboard (Datenbasis für Wirtschaftsbulletin)
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