News, 10 May 2024
Sell in May? Naja …
Wer sich die alte Börsenweisheit „Sell in May and go away“ zu Herzen genommen hat, hat einen kräftigen Bock geschossen. Und hatte zwei wichtige Learnings. Erstens: Nicht jede Weisheit ist schlau. Zweitens: Aus Kursbewegungen der Vergangenheit kann nicht auf zukünftige geschlossen werden. Denn es kommt immer auch auf das Marktumfeld an. Und das ist freundlich. Maiglöckchenfreundlich, sozusagen …
Tendenziell sinkt im Mai das Kursniveau etwas. Das hat aber selten mit der realen Wirtschaftslage zu tun, sondern mehr mit dem Ausblick der Unternehmen für das restliche Kalenderjahr im Zuge der Q1-Berichte. Hinzu kommt, dass es aufgrund bestätigter Dividenden (starker Monat Mai) auch vorab zu Verkäufen bzw. Umschichtungen kommt. Doch derzeit befinden wir uns in der Startphase eines neuen globalen Konjunkturzyklus. Powells angestrebtes „no landing“-Szenario (siehe Financial Friday Powell’s Growls) zeigt, dass es richtig gut läuft für die Wirtschaft. Sogar so gut, dass Fed-Mitglied Kashkari diesen Freitag auch eine weitere US-Zinserhöhung nicht gänzlich ausschließen will.
Die Anleger positionieren sich nun in den nächsten Wochen passend zu den ersten Zinssenkungen (EZB Juni, USA möglicherweise Juli). Das gibt Auftrieb – sowohl für Aktien als auch für Anleihen. Nur das politische Risiko sorgt immer wieder für Dämpfer. Damit es aber am Muttertagswochenende keine Dämpfer gibt: Noch schnell einen Strauß Maiglöckchen pflücken und freuen.
Einen schönen Muttertag 😉
Das war die vergangene Woche
Asien
Der PMI im chinesischen Dienstleistungssektor blieb mit 52,5 Zählern (neutral = 50) auf dem erwarteten Niveau. Die chinesische Handelsbilanz stieg kräftig auf 72,35 Mrd. USD und blieb dennoch knapp hinter den Erwartungen zurück. Die Steigerung in CNY (+5,1%) war deutlich stärker als die Gesamtbilanz – ein Zeichen dafür, dass der Export in die kaufkräftigen USA und EU-Staaten weiterhin stockt. Auch das Import-Verhältnis zeigte sich ähnlich (+8,4% in USD = gesamt vs. +12,2% in CNY). Der Nikkei zog nach Veröffentlichung der japanischen Handelsbilanz ebenfalls an – doch auch in Japan konnte die Erwartung nicht ganz erfüllt werden (was auch dem JPY geschuldet gewesen sein dürfte).
Europa
Die Makrodaten (PMI, Investorenvertrauen, Erzeugerpreise) lagen auf erwartetem Niveau und boten kaum Überraschungen. Lediglich GB konnte mit gestiegenem Q1-BIP punkten. Die Konsumdaten (+0,7% ggü. Vorjahr) waren nach der stabilen Inflation erwartbar. Marktbestimmend waren daher die starken Unternehmensberichte und die einsetzende Dividendensaison. Diese erlebte im April einige Dämpfer, nachdem große Unternehmen (u.a. BMW und VW) die Dividenden gesenkt hatten, nun aber ihre Jahresprognosen vom Dezember bestätigten.
USA
Die Fed-Mitglieder erklärten den Marktteilnehmern diese Woche ihre Zinsentscheidung und das Bild, das sich der Fed derzeit in den USA bietet – und welche Entwicklung sie sich wünschen, um erste Zinsschritte setzen zu können. Dass ein Zinsschritt nicht nur nach unten gehen müsse, machte am Freitag Kashkari nochmals klar. Das Verbrauchervertrauen sank erstmals seit Monaten wieder (von 77,2 auf 67,4 Zähler). Auch die fünfjährige Inflationserwartung stieg von 3,0 auf 3,1%. Damit stieg die Zinskurve erneut. Das US-Budget wies ein komfortables Plus auf, was der Biden-Administration innenpolitisch hilft.
Was die neue Woche bringt
Die US-Inflation ist die wichtigste Kennzahl der Woche. Deren Stabilität auf hohem Niveau frustriert derzeit vor allem die Fed. Der an der Grenze zur Deflation schrammende VPI in China belastet weiterhin vor allem Shanghai. In Europa werden die Makrodaten bestätigt und Dividenden gezahlt.
Asien
China berichtet einen um 3,8% ggü. Vorjahr gestiegenen Konsum (ist zu wenig, denn die Industrieproduktion steigt um 4,6%). Damit bleibt auch die Inflationsrate auf niedrigstem Niveau (0,1%). Die weiterhin fallenden Erzeugerpreise in China (-2,3%) wirken da leider auch nicht entgegen. Japan reportet ein leicht gesunkenes BIP für das Q1 (-0,4%), das entspricht annualisiert -1,5%. Da dies aber auch den Inflationsdruck deutlich senkt, wird diese Kennzahl wohl positiv vom Markt eingepreist werden.
Europa
Die Konjunkturerwartungen auf Basis der ZEW Umfrage steigen erneut. Mit 46,1 Zählern liegen sie nun schon im schwach neutralen Feld um die 50. Positiv wirkt die Bestätigung der Q1-BIP-Daten für die EU (+0,3%) sowie der EU-Kerninflation (2,7%). Diese Daten unterstützen die Erwartungshaltung, dass die EZB ihren ersten Zinsschritt im Juni setzen wird.
USA
Die erneut gestiegene Zinskurve könnte die Tech-Werte am Montag belasten. Dazu kommt eine vorsichtige Positionierung für die VPI-Daten am Mittwoch. Konstante Erzeugerpreise (+0,2% ggü. Vormonat) und ein reduziert wachsender Konsum (+0,4% ggü. Vormonat – zuletzt +0,7%) unterstützen die US-Märkte. Der VPI sollte auf 3,4% sinken (ggü. Vormonat steigen die Preise nur noch um +0,3%). Die Kerninflation sinkt auf 3,7%. Ob Kashkari dann seine Zinsrede vom vorangegangenen Freitag revidieren wird? Gelegenheit bekommt er am Mittwoch um 18 Uhr. Der Arbeitsmarkt lockert sich jedenfalls weiter – wenn auch nur in sehr kleinen Schrittchen.
Fazit
Asien sorgt für gemischte Gefühle, Europa für viel Bestätigung und die USA für viel Spannung zur Wochenmitte. In Summe eine vielseitige Woche, in der die Dividendenzahlungen für viel Freude sorgen werden.
Dieser Artikel ist auch im Geld Magazin und im Börse Express erschienen.
Autor: Alexander Putz
Quellen: European Statistical Monitor; eurostat
Hinweis: Die vorliegende Marketingunterlage stellt keine Anlageberatung, Anlageanalyse oder Anlageempfehlung dar. Insbesondere ist sie kein Angebot, bzw. keine Aufforderung zum Stellen eines solchen, und keine Empfehlung/Aufforderung zum Kauf, Verkauf oder einer anderen Handlung (z.B. Halten) von Finanzprodukten. Die steuerliche Behandlung hängt von den persönlichen Verhältnissen des jeweiligen Kunden ab und kann künftigen Änderungen unterworfen sein.