Was wählen?

Market Views, 12 Jan 2024

Taiwan eröffnet das Superwahljahr.

Am Samstag wählt Taiwan. Es ist die erste von zahlreichen Wahlen heuer – und eine der besonders wichtigen. Denn mit Lai, dem Kandidat der aussichtsreichen DPP (der derzeit regierenden Demokratischen Fortschrittspartei) dürfte sich der Graben zwischen Taiwan und China weiter vertiefen. Die Börsen zeigen sich vorerst unbeeindruckt: Es ist ein bekanntes Spannungsfeld.

Lange hat China mit seinem „One China, two systems“-Modell geworben und Hongkong in die diplomatische Auslage gestellt. Bis dieses Mustermodell gewaltsam aufgelöst worden ist. Dieses Modell wäre auch für zahlreiche Taiwanesen akzeptabel gewesen – die Zustimmungsraten waren bis dahin vergleichsweise hoch. Bis dahin.

Dank der Produktions- und Technologieführerschaft in der Chipherstellung konnte sich Taiwan die USA als mächtigen Schutzpartner sichern (formal wurden die diplomatischen Beziehungen schon lange seitens der USA abgebrochen). Ein Abhängigkeitsverhältnis, aus dem sich die USA derzeit mit dem Aufbau einer eigenständigen Chipindustrie in den USA emanzipieren.

Entwicklung der wirtschaftspolitischen Unsicherheit
Entwicklung des geopolitischen Risikoindex (GPR)

Das war die vergangene Woche

Asien

Der Tokio CPI sinkt von 2,6% auf 2,4%. Die Lohnkosten in Japan steigen auf Jahressicht nur um 0,2% (zuvor 1,5%), was den Lohndruck auf die Inflation spürbar reduziert. Auch Chinas Makrodaten fallen etwas besser aus als erwartet (Inflation steigt ggü. Vormonat um +0,1%, bleibt aber annualisiert mit -0,3% deflationär; Erzeugerpreise fallen um -2,7%; Handelsbilanz steigt von zuletzt 68,39 Mrd.USD auf 75,34 Mrd.USD). Die Wahlen in Taiwan werden noch nicht in den Kursverläufen abgebildet.

Europa

Deutschland startet kraftvoll mit seiner von 17,8 Mrd.EUR auf 20,4 Mrd.EUR gestiegenen Handelsbilanz. Doch um -4,4% erneut gesunkene Werkaufträge, um -4,8% fallende Industrieproduktion, weiterhin niedriges Investorenvertrauen in Europa (-15,8 Zähler; neutral = 0) und weiter um -1,1% fallende Einzelhandelsumsätze (gut, erwartet wurden sogar -1,5%) lassen den DAX bald ins Rot drehen. Doch das EZB-Wirtschaftsbulletin gibt Hoffnung.

USA

Die ganze Woche über kommen die FOMC-Mitglieder (Fed Open Market Committee) zu Wort, bewegen aber die Märkte kaum. Relevant ist die US-Inflation am Donnerstag (steigt etwas höher als erwartet von 3,1% auf 3,4%, allerdings – und das ist viel wichtiger und positiv – die Kerninflation fällt von 4,0% auf 3,9%). Die Erzeugerpreise, die eigentlich auf Vormonatsniveau erwartet wurden, steigen moderat um 0,1%, was vor allem auf den leicht gestiegenen WTI-Ölpreis zurückzuführen ist.

Was die neue Woche bringt

Nach den Marktkorrekturen (überzogene Zinssenkungserwartungen) pendeln sich die Märkte wieder ins Tagesgeschehen ein. Starker Beobachtungsfaktor hinsichtlich des politischen Risikos ist die Wahl in Taiwan, marktbewegend jedoch eher die Makrodaten dieser Woche.

Asien

Taiwan hat gewählt, was kräftige Drohgebärden Chinas zur Folge haben wird. Die Märkte reagieren naturgemäß volatil, wenngleich letztlich entspannt. Am Mittwoch stehen die chinesischen Makrodaten im Mittelpunkt: Vor allem das BIP-Wachstum, zuletzt +4,9% ggü. Vorjahr, ist besonders wichtig. Gekoppelt mit den Einzelhandelsdaten (+10,1% ggü. Vorjahr) und der Industrieproduktion (+6,6% ggü. Vorjahr) zeigt sich China stark.

Europa

Die Industrieproduktion Europas fällt um -0,3% ggü. Vormonat, was einer Bodenbildung entspricht. Wichtig für Europas Börsen sind die Inflationsdaten (jeweils auf Vormonatsniveau: Deutschland 3,8%, Euro-Zone 2,9%). Die erneut fallenden Erzeugerpreise (-7,9% ggü. Vorjahr bzw. -0,5% ggü. Vormonat) stehen im Kontext zur gesunkenen Industrieproduktion.

USA

Die Einzelhandelsumsätze am Mittwoch (steigen um 0,4% ggü. Vormonat) lassen ein Rezessionsszenario für die USA in die Ferne rücken. Dennoch: Die Industrieproduktion steigert sich nicht (0% ggü. Vormonat), auch die Kapazitätsauslastung verändert sich kaum (78,7%). Der Beige Book Report sammelt die Wirtschaftserwartungen der 12 Fed-Districts und gibt einen tieferen Einblick in den weiteren Verlauf der US-Wirtschaft. Der kurz darauf veröffentlichte Philly Fed Herstellungsindex nähert sich der neutralen 0 langsam an (von -10,5 auf -8,0 Zähler) – man darf also versöhnliche Beige Book Kommentare erwarten. Das Verbrauchervertrauen bleibt mit 69,6 Zählern (neutral = 50) auf Vormonatsniveau, die 5-jährige Inflationserwartung bleibt bei 2,9%

Fazit

China zeigt starke Daten und auch die Fed gibt sich zuversichtlich – hinsichtlich länger hoch bleibender Leitzinsen auch kampflustig. Medial dominiert die Taiwan-Wahl, an den Börsen jedoch die Makrodaten. Der US-Beige Book-Report lässt etwas tiefer in die US-Wirtschaftslage blicken und den weiteren Fed-Kurs (der heuer sehr taktisch sein wird) erahnen.

Dieser Artikel ist auch im Geld Magazin und im Börse Express erschienen.

Autor: Alexander Putz

Quellen: Allianz Global Investors Global Capital Markets & Thematic Research, Daten per 10.1.2024

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